Seit heute sind in Italien die Geschäfte zu. Grundsätzlich alle Geschäfte bis auf Supermärkte, Drogerien und Apotheken. Verkündet hat das Ministerpräsident Giuseppe Conte gestern Abend um 21.40 Uhr per Live-Ansprache. Aus journalistischer Sicht alles hochspannend, davon abgesehen aber total verstörend. Dennoch bin ich froh, dass Italien zu so drastischen Maßnahmen greift: geschlossene Geschäfte = weniger Leute = geringeres Ansteckungsrisiko. Hoffentlich! Man darf nicht vergessen, dass das Coronavirus mit bis zu 14 Tagen (es gab sogar vereinzelte Fälle, in denen waren es 27 Tagen) eine verdammt lange Inkubationszeit hat. Momentan treffen wir nicht einmal Freunde – dürfen wir auch nicht!

Große Ansteckungsgefahr oder nicht?

Zugegeben: Heute saß ich den Großteil des Tages vor dem Computer. Ich habe eine neue Seite auf Facebook eingerichtet: Coronavirus in Italien, auf der ich aktuelle Änderungen poste und Euch mit Zahlen aus der Region versorge. Mir hilft das Schreiben und es hat auch viel damit zu tun, das zu machen, was ich mein Leben lang gerne gemacht habe: andere zu informieren. Und ich habe viel gegrübelt. Besser einmal in der Woche für längere Zeit in den Supermarkt oder nur zweimal ganz kurz? Mein letzter Aufenthalt im Supermarkt hat mir doch noch einmal verdeutlicht, wie ernst die Situation ist. Sicherheitsabstand einhalten! Mindestens einen Meter! Aber dann schiebt sich doch wieder jemand nah an einem vorbei? Und wenn er infiziert ist? Wenn jemand zuvor den Einkaufswagen angefasst hat, der vermutlich noch unwissentlich Träger des #Coronavirus ist?

Die Treppe rauf zu unserer Wohnung ist übrigens ziemlich schmal. Habe es gerade einmal ausgemessen: 105 cm insgesamt. Wenn wir auf der Treppe den Nachbarn begegnen, haben wir definitiv keinen Sicherheitsabstand von einem Meter zueinander. Dazu muss man wissen: Unsere direkte Nachbarin arbeitet als Onkologin ausgerechnet in dem Krankenhaus in Ancona, das jetzt offizielles Covid19-Krankenhaus ist. Laut Auskunft der Region Marken liegen derzeit in diesem Krankenhaus 70 infizierte Personen – 17 davon auf der Intensivstation. Sie und ihre Familie sind einem extrem hohen Risiko ausgesetzt.

Vor dem Krankenhaus werden Personen in so genannten Pre-Triage-Zelten erstuntersucht. Man bemüht sich, Corona-Patienten von Patienten zu trennen, die aus anderen Gründen das Krankenhaus aufsuchen.

Österreich verhängt höchste Sicherheitsstufe

Keine 1000 Kilometer weiter – in Deutschland – regen sich weiterhin viele über Veranstaltungsabsagen auf. Fordern, doch bitte selbst entscheiden zu dürfen, ob sie eine Veranstaltung besuchen wollen oder nicht. Finden Fußballspiele ohne Fans doof. Sprechen weiterhin von Hysterie, Panikmache und vielfach auch immer noch von einer “Grippewelle”. Österreich macht indes die Grenze zu Italien dicht und verhängt Sicherheitsstufe 6. Das ist die höchste aller Sicherheitsstufen. Sie wird dann verhängt wird, wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. Etwa im Kriegsfall oder während eines Bürgerkrieges. Österreichische Landsleute werden aufgefordert, Italien schnellstmöglich zu verlassen.

Dänemark streicht Verbindungen nach Italien und Österreich, aber auch in den Iran (da sitzt wegen Corona ein guter Freund von mir fest), Polen unterbindet für zunächst zwei Wochen den Schulunterricht. Selbst die Türkei mit bislang nur einem (!) Infizierten setzt für zunächst eine Woche die Schule und für drei Wochen die Universität aus. Und in Deutschland? Nun ja, da werden die Grenzkontrollen verschärft. Dabei ist das Virus längst im Land. Auch im Norden. Zumindest in Niedersachsen scheint es allmählich durchzusickern. Verschiedene deutsche Medien munkeln über Schulschließungen ab Montag. Sinnvoller wäre es, ab sofort Maßnahmen zu ergreifen. In Deutschland gibt/gab es bislang 2502 Fälle. Das mit dem exponentiellen Wachstum hat die Süddeutsche Zeitung hervorragend erklärt. Schade, dass die Personen auf Entscheidungsebene das wohl nicht lesen…

https://www.facebook.com/Italienkrise/posts/100957424872852?__xts__[0]=68.ARAsQIAvtQuk6zeLwzIFssGWwclKHNTzIZ6d6WKsdqkv5CEIO_3JMu-P4mUKM8HJaTD_igYojTXeyTPm6ZwtK-CLn-bjuU3JuKvirNaw5uNCJqIpD9SJSXsxYztS4K4QtmZK0we6MXJHb11n5W99_f7H7oNIGFKWEWZhiPBKFA14r2UW_HGjV4vtMga-REa_Y3BvajCv5qthPIui7SH5ODIr5y4tkagzNtBXIUTp88O1tLXFMOu6Xz9VwdynHS1TUvMdIRPEjzYAN-gFovG0-ChcwY5Bl6x1dYTeT0J9ou3HNaTpo47M8LWn6YWbsnXGfSNdJgci986_RjojK13qoME&__tn__=-R

Tag 3 zu Hause – Das haben wir erledigt…

Natürlich müssen wir uns – gerade mit Kleinkind – auch darum bemühen, dass das Leben so normal wie möglich weiter geht. Im Normalfall wäre unsere Vierjährige jetzt im Kindergarten. Der ist bis einschließlich zum 3. April 2020 geschlossen. Ebenso wie sämtliche Schulen und Universitäten des Landes. Erst habe ich noch darüber gelacht, als Freunde und Bekannte von Schulkindern per Mail und WhatsApp von Lehrern mit Hausaufgaben versorgt wurden. Jetzt hat auch der Kindergarten welche geschickt. Und das ist gut so.

  • Im Laufe des Tages spielen wir nach Möglichkeit das durch, was auch im Kindergarten angeboten wird. Dazu gehört der “Happy”-Song. Nicht der von Pharell Williams, an den jetzt die meisten von Euch denken, sondern einer für Kinder. (Übrigens ein Action Song und für Ungeübte wie mich sind knapp vier Minuten ganz schön lang… ?)
  • Zur Mittagszeit habe ich dem Lokalsender meiner Heimatstadt, Radio WAF ein Interview gegeben und mit dem Sender über die Situation in Italien gesprochen. Außerdem habe ich ein Fachmagazin für Transport und Logistik mit Nachrichten beliefert, die die Auswirkungen des Coronavirus auf die Branche aufzeigen.
  • Mit einer Freundin, die ganz hier in der Nähe wohnt, habe ich mich über die Notwendigkeit von Schutzmasken beim Supermarkt-Besuch ausgetauscht. Seitdem ist klar: Kein Einkauf mehr ohne Handschuhe und ohne Schutz.
  • Ich habe eine Ladung Wäsche gewaschen und auf dem Balkon aufgehängt. Es ist so schönes Wetter draußen. Eigentlich genau passend für einen Spaziergang am Strand, einen Besuch auf dem Spielplatz oder ein Eis. Aber nun ja, das muss jetzt eben noch etwas mehr als drei Wochen warten. Mindestens!
  • Wir haben unseren Osterstrauß fertig gebastelt und mit Heißkleber mit Blumen, Schmetterlingen und Vögeln verziert. Nur das Foto habe ich natürlich immer noch nicht gemacht. Morgen dann aber wirklich! (Gruß an dieser Stelle übrigens an eine liebe Freundin, die – nicht lachen – eine Schmetterlingsphobie hat. ?)
  • Wir haben Zahlen verglichen und mussten nicht groß rechnen: Die Situation wird hier immer schlimmer!

Die Situation bei uns

Die Maßnahmen der Regierung finde ich deshalb goldrichtig. Und hoffe, dass sie noch eine Schippe drauflegt! Jetzt schreien vermutlich viele Unternehmer auf: Zwei Wochen schließen? Der Ruin! Als Freiberuflerin weiß ich, was das bedeuten kann. Aber was sind schon zwei oder wie jetzt drei Wochen? Wenn man erkrankt, fällt man viel länger aus. Und das Virus macht vor keinem Halt. Oberste Priorität muss es jetzt sein, den Krankenhäusern Entlastung zu verschaffen. Das geht nur, wenn alle mitmachen, wenn jeder verzichtet. Es gibt erste Maßnahmenpakete der Regierung und es wird weitere geben.

Jetzt ist nicht der Augenblick, sich zu beschweren und zu fordern. Die Gesundheit ist das Allerwichtigste. Wir müssen uns und andere bestmöglich schützen.

Was bisher geschah:

Leben im Sperrgebiet / Tag 1 von 24
Leben im Sperrgebiet: Tag 2 von 24

Coronavirus: Die Zahlen vom Abend

Unser abendliches Standard-Date auch an diesem Abend die Pressekonferenz des Zivilschutzes. Diese Zahlen wurden heute für Italien verzeichnet:

  • 2651 neue Coronafälle (das macht mehr als 15.000 Fälle insgesamt)
  • 189 Todesfälle (damit gibt es in Italien bislang über 1000 Tote)
  • 213 Personen, bei denen keine Viruslast mehr nachweisbar ist

Die Marken: Heute sind in den Marken noch einmal 113 Fälle dazu gekommen. Das macht insgesamt 592 Fälle. Bezogen auf die Einwohnerzahl in den Marken von etwas mehr als 1,5 Millionen Personen (als Berechnungsgrundlage nehme ich die Wikipedia-Einwohnerzahl von 1.525.271 Personen von Ende 2018) bekommt es demnach derzeit jeder 2576. in dieser Region. – Dunkelziffer natürlich weiterhin nicht mit eingerechnet. Ich bin in der Nähe von Warendorf “auf dem Dorf” aufgewachsen – mit damals weniger als 1000 Einwohnern. Demnach hätten wir dort alle Glück haben können. Hätten…

“Happy”? Nicht wirklich, aber für die Kinder soll es so viel Normalität wie möglich geben.

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