In beiden Interviews, die ich bislang gegeben habe, bin ich gefragt worden, ob ich jemanden kenne, der das Coronavirus hat. Beide Male konnte ich das verneinen. Vielleicht sieht das in ein paar Tagen anders aus, vielleicht bin ich irgendwann auch selbst betroffen. Während Corona für uns erst in China und dann weit oben in Norditalien war, ist es nun auch hier in der Region angekommen. Mittlerweile “kenne” ich Personen um zwei Ecken, die betroffen sind. Personen aus meinem/unserem erweiterten Umfeld saßen oder sitzen in Quarantäne. So kommt das Virus auch gefühlt immer näher. Wir haben zudem Nachbarn, Freunde und Bekannte, die zum “medizinischen Personal” gehören.
“Medizinisches Personal” als Sonderfall
In den Tabellen, die uns jeden Tag von der Region Marken für einen transparenten Überblick zur Verfügung gestellt werden, wird “medizinisches Personal” noch einmal extra aufgeschlüsselt. Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger oder auch Pflegeassistenten werden – zumindest in Hinblick auf die häusliche Isolation – bei den Statistiken getrennt betrachtet. Sie sind viel exponierter, kommen im Wartezimmer, in der Notaufnahme oder auf Station eher mit Infizierten in Kontakt als der Supermarktbesucher. Haben sie einen positiv getesteten Patienten behandelt, müssen sie vorsorglich in Quarantäne. Sie gefährden bei Ihrer Arbeit in erster Linie sich selbst. Sind sie aber betroffen, so sind wiederum viele andere Menschen gefährdet: ihre Patienten und Kollegen. Diejenigen, die von ihnen behandelt wurden und vielleicht auch ein angeschlagenes Immunsystem haben und diejenigen, die gemeinsam mit ihnen helfen wollen.
In der unteren Tabelle seht Ihr die Anzahl derer, die sich derzeit in häuslicher Isolation befinden. Das sind in den gesamten Marken derzeit 2642 Personen (Stand: 13. März 2020, 13 Uhr). In der letzten Spalte sind die sogenannten “operatori sanitari” aufgeführt. Das sind 319 Personen, die für mindestens zwei Wochen ausfallen. Personen, die dringend benötigt werden, um anderen zu helfen und die Versorgung von Patienten aufrecht zu erhalten. Urlaube sind für Mitarbeiter im hiesigen Covid-19-Krankenhaus gestrichen. Das Personal wird dringend benötigt.
Das Risiko des medizinischen Personals steigt zudem mit zunehmenden Krankheitsfällen: mehr Patienten = mehr Patientenkontakt = mehr medizinisches Personal in Quarantäne = Versorgungsengpass.
Drohende Versorgungsengpässe
Diesen Versorgungsengpass gilt es zu vermeiden. Die Krankenhäuser sind voll ausgelastet, die Zahl der Intensivbetten ist begrenzt. Insbesondere in den Krankenhäusern im Norden (vor allem in der Lombardei) ist es dramatisch. Immer wieder müssen Patienten (auch per Hubschrauber) in Krankenhäuser in anderen Regionen verlegt werden, damit ihnen dort geholfen werden kann. Was passiert, wenn nicht genügend Beatmungsgeräte vorhanden sind, habe ich an Tag 2 von 24 bereits erklärt. Ärzte und Pflegepersonal sind ebenfalls längst an ihrer Belastungsgrenze. Immer wieder zeigen das auch Aufnahmen von Ärzteschaft oder Pflegepersonal, die uns zumindest einen kleinen Einblick in das geben, was in Krankenhäusern geleistet wird.
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Jeder der krank ist, wünscht sich die bestmögliche Behandlung. Die eigenen Ansprüche sind hoch, wenn es um medizinische Betreuung und die Unterbringung geht. Daran, dass vielleicht gerade kein Arzt, kein Beatmungsgerät oder kein Intensivbett zur Verfügung steht, denken wir nicht. Falls doch mal ein Krankenhaus oder eine bestimmte Abteilung voll belegt war, konnte immer noch woanders ein Bett gefunden werden oder der Patient wurde in einem anderen Krankenhaus der Stadt untergebracht. Bei infektiösen Krankheiten geht das aber nicht.
Auf neun verschiedenen Intensivstationen in der Region werden derzeit 85 besonders schwer betroffenen Corona-Patienten behandelt, zusätzlich liegen mit Stand von heute, 13 Uhr, 337 weitere Patienten in zwölf Krankenhäusern der Region. Es gibt Überlegungen, auch weitere Häuser zu Covid19-Krankenhäusern zu erklären. Am Abend verkündet die Region Marken, dass neun dieser Personen verstorben sind.
Erst vorgestern Nacht ist ein Hubschrauber über unser Haus geflogen. Die Verlegung muss manchmal schnell gehen…
Tag 4 von 24 – Das haben wir erledigt…
Wir haben viel Zeit und bekommen dennoch gerade nicht so viel hin, wie man an einem Tag zu Hause vielleicht erledigen könnte.
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- Die Facebook-Seite Coronavirus in Italien habe ich heute fast stündlich befüllt. Es gibt derzeit so viele Meldungen aus Italien…
- Wieder habe ich für ein Fachmagazin die Situation in der Logistikbranche im Auge behalten.
- Ich habe Mails und etliche WhatsApp beantwortet.
- Wir waren einkaufen (okay, mein Mann war einkaufen – es darf nämlich nur noch eine Person pro Familie in den Supermarkt).
- Wir haben mit Flex und Flo (* Affiliate Link) ein paar Mengen und Zahlen gelernt.
Was bisher geschah:
Leben im Sperrgebiet / Tag 1 von 24
Leben im Sperrgebiet: Tag 2 von 24
Leben im Sperrgebiet / Tag 3 von 24
Vorsichtsmaßnahmen im Supermarkt
Coronavirus: Die Zahlen vom Abend
Auch heute hatte der Zivilschutz leider keine Wunder zu verkünden:
- 2547 neue Coronafälle in Italien
- 250 zusätzliche Todesfälle seit gestern (damit gab es in Italien bislang 1266 Todesfälle)
- insgesamt gelten 1439 Personen in Italien als geheilt, 14.955 Fälle sind so genannte “active cases”
Situation in den Marken: 133 weitere Fälle. Macht insgesamt 725 Fälle in dieser bevölkerungstechnisch sehr überschaubaren Region mit ihren 1.525.271 Einwohner (Angabe von Wikipedia). Während es am 24. Februar 2020 hier noch gar keinen Fall gab und das Risiko, sich Corona einzufangen, einen Tag später noch bei 1:1.525.270 lag, steigt die Wahrscheinlichkeit irgendwann auch betroffen zu sein, von Tag zu Tag enorm.
Nach aktuellem Stand wird es in den Marken jeder 2104. bekommen…