Gestern gegen 22.30 Uhr: Ein Wagen des Zivilschutzes fährt bei uns durchs Wohngebiet. Immer wieder die gleiche Lautsprecherdurchsage: “Achtung, bleiben Sie zu Hause”. Dann folgend die wichtigsten Handlungshinweise. Eine gute Stunde später: Ministerpräsident Giuseppe Conte spricht im Fernsehen. Die Todeszahlen und die der Neuinfektionen sind zu hoch. Es gibt keine andere Wahl: Firmen und Unternehmen müssen dicht machen. Zumindest diejenigen, die als “nicht lebensnotwendig” erachtet werden.
https://www.facebook.com/GiuseppeConte64/videos/494491144817717/?__xts__[0]=68.ARDLzeiYhq320NK8y22Wx8TiZr2gHlbq_aKY5l2xDpEVajmsXo9Xt_aDRM1mxMs3bNonm7ScyT0Hxyn4CkJxQMXrMhnkKbu9nQj0Cpj3aVBYWbEdvMiAk6_H2pRsQnXyRM4AyPdytPIQS_rbEsTgPGCqXkFgh-cEGxe2wP92-xd3WliU4GWfJiVNSca6bZgfK66dJO1cLJ-ssxXufq8ff_s-b9hYCq0zQmOpJdSPYgxhto2uZbWc5Fx7rmLQ2fginHKOqkxuueWRgy9LtEFlnCVnyRfaIs0Fymh4j-PTwsOC3ZwTGHylmgcgzI3YSWSE6fEv1DRVXk1h_SdTYWik5uzKE28wq9vVrig&__tn__=-R
Welche Firmen müssen schließen?
Schließen müssen zwei Typen von Firmen:
- alle, deren Produktion als “nicht lebensnotwendig” betrachtet wird
- Firmen, die nicht für ausreichenden Schutz ihrer Mitarbeiter garantieren können. Das sind Firmen, die ihre Mitarbeiter beispielsweise nicht mit entsprechender Schutzkleidung ausstatten können (Mundschutz, Einweg-Handschuhe) oder aber, bei denen während der Arbeitsabläufe kein Mindestabstand von einem Meter zwischen den Beschäftigten gewährleistet werden kann.
Ein Großteil der öffentlichen Verwaltung muss die Arbeit komplett ins Home Office verlegen. Insbesondere aus diesem Bereich sollen viele Personen zu Hause bleiben.
Werden Unternehmen überprüft?
Unternehmen werden seit Tagen ganz gezielt überprüft. Allein in der Region Marken mit einer Bevölkerung von nur anderthalb Millionen Einwohnern werden die Kontrollen weiter intensiviert. Die Region informiert per Telegram-Dienst über das Vorgehen: Bis Donnerstag sind in der Region 353 Firmen überprüft worden. Die Überprüfungen von Seiten der Behörden erfolgen teils per zunächst telefonischer Abfrage, teils per Ortsbegehung. Sämtliche Firmen erhalten dabei genaue Handlungsanweisungen. Ob sie diesen folgen, wird in den kommenden Tagen noch einmal kontrolliert. Unternehmen, die die geltenden Sicherheitsstandards nicht einhalten und ihre Mitarbeiter nicht schützen können, müssen schließen – auch dann, wenn sie gemäß des neuesten Dekrets eigentlich geöffnet bleiben sollten.
Was bleibt weiterhin geöffnet?
Die Liste der Unternehmenszweige, die weiterhin geöffnet bleiben, scheint auf den ersten Blick lang. Grob gesagt, bleibt all das geöffnet, was “lebensnotwendig” ist und benötigt wird, um das Versorgungssystem weiter aufrechtzuerhalten. Dazu gehören auch die Post, Versicherungen, Banken. Weiter produziert wieder im Lebensmittel- und Pharmabereich (auch Supermärkte, Drogerien und Apotheken bleiben weiterhin geöffnet). außerdem sind die Logistik- und Transportbranche von den neuen Regelungen nicht betroffen.
Auch der Mediensektor wird als unverzichtbar erachtet. In Italien sollen die Bürger weiterhin umfassend informiert werden können. Tageszeitungen erscheinen damit auch weiterhin und auch Zeitungskioske bleiben damit geöffnet.
Weiterer Sektor, der von der neuen Regelung nicht betroffen ist, ist die Landwirtschaft. Sie ist zur weiteren Versorgung der Bevölkerung unverzichtbar. Hinzu kommen die Ölproduktion sowie das produzierende Gewerbe, das etwa Hydraulikbestandteile oder auch Heizungstechnik herstellt. Hydrauliker, Installateure, Heizungstechniker und Elektriker dürfen ihrem Beruf demnach weiterhin nachgehen. Ebenfalls arbeiten werden Taxifahrer und Unternehmen, die Mietwagen vermieten, die Bahn, der öffentliche Transportsektor und der Schienengütertransport.
Ab wann gilt die neue Regelung?
Die neue Regelung tritt am Montag, 23. März 2020 in Kraft. Sie gilt vorerst bis zum 3. April 2020. Von einer Verlängerung verschiedener Maßnahmen und Nachbesserungen oder Präzisierungen des neuen Dekrets ist nach derzeitigem Stand auszugehen.
Coronavirus: Die Zahlen des Tages – 22. März 2020
Tag 11 des Lockdowns in Italien. Wir schauen mit Spannung auf die Zahlen vom Abend. Es sind nur noch zwei Tage bis Sonntag. Müsste die Kurve nicht langsam etwas abflachen? Funktionieren die Maßnahmen? Können wir endlich etwas aufatmen? Das Errichten von Triage-Zelten, Feldkrankenhäusern und die Pläne, die Messe in Mailand in ein Krankenhaus umzurüsten, erschrecken.
Diese Zahlen gab der Zivilschutz am heutigen Abend bekannt:
- 651 zusätzliche Tote (weniger als gestern, jetzt 5476 Tote insgesamt – zum Vergleich: in China sind bislang 3261 Personen verstorben [sechs mehr seit gestern])
- 5560 neue Coronafälle (das sind rund 1000 weniger als gestern, jetzt insgesamt 59.138 Infektionen)
- 7024 Personen gelten als geheilt (das sind fast 952 Personen mehr als gestern)
- 46.638 Personen sind aktuell erkrankt, 3000 davon befinden sich in einem kritischem Zustand
Situation bei uns in den Marken: In den vergangenen 24 Stunden sind in den Marken 268 weitere Personen positiv getestet worden. Außerdem gab es 30 weitere Todesfälle in der Region. Damit gibt es bislang 2421 Fälle in den Marken (davon sind 183 Personen im Alter zwischen 27 und 97 Jahren verstorben, 4 Personen gelten in den Marken als genesen). 138 Personen liegen hier in der Region auf den Intensivstationen, 122 weitere auf der Intensivzwischenpflege (IMC). Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerungszahl in den Marken von 1.525.271 Personen beträgt das Ansteckungsrisiko derzeit 1: 630. Knapp 5000 Personen befinden sich in häuslicher Isolation/Quarantäne. Aufgrund der vermutlich hohen Dunkelziffer oder der noch nicht getesteten Personen sowie der langen Inkubationszeit ist das tatsächlich Ansteckungsrisiko wahrscheinlich sehr viel höher. In Relation zur Gesamtbevölkerung sind die Marken die Region, die es bislang am zweitschlimmsten getroffen hat.
https://www.facebook.com/Italienkrise/posts/103175041317757
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Unser Tag zu Hause: Tag 13 von 24
Sonntag, heute ist eigentlich Halbzeit der Ausgangssperre. Aber wir glauben nicht daran, dass es über den 3. April hinaus keine Maßnahmen geben wird. Also planen wir weiter Aktivitäten in unseren vier Wänden…
Das haben wir erledigt:
- Buchrezension zu “Die Geschichte vom frechen Hund” (Amazon-Link) geschrieben und für Anfang April programmiert. Schon ein älteres Buch (2008), aber gerade Kinderbücher sind doch immer so schön zeitlos.
- Sprachnachrichten verschickt – etliche. Irgendwie komme ich mit dem Tippen bei WhatsApp gerade gar nicht hinterher.
- Wir haben uns etliche Aktivitäten für die kommenden Tage überlegt – und damit es immer schön abwechslungsreich bleibt, wird nun jedes Mal ausgelost, was als nächstes ansteht. Das macht das Spielen zu Hause hoffentlich etwas spannender. ?
- Wäsche gewaschen und gebügelt (gut, dass ich das immer ganz entspannend finde)
- Geburtstagsgeschenke für meinen Mann eingepackt. Was mich gewundert hat: Ein Teil wurde sogar heute geliefert. Sowas hier, aber psssst. Immerhin müssen wir auch in der Wohnung etwas in Bewegung bleiben… ?
Ich bin übrigens schon froh, dass das noch ausgeliefert wurde. Amazon hat hier in der Nacht angekündigt, bald vorrangig ebenfalls nur noch wichtige Artikel auszuliefern…
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Was bisher geschah:
Leben im Sperrgebiet / Tag 1 von 24 (Italien ist jetzt Sperrgebiet)
Leben im Sperrgebiet: Tag 2 von 24 (Und wenn es Euer Opa wäre?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 3 von 24 (Große Ansteckungsgefahr oder nicht?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 4 von 24 (drohende Versorgungsengpässe, Sonderfall “medizinisches Personal”)
Leben im Sperrgebiet / Tag 5 von 24 (Was man aus der Corona-Geschichte Italiens lernen kann…)
Leben im Sperrgebiet / Tag 6 von 24 (Abläufe und Sicherheit im Supermarkt)
Leben im Sperrgebiet / Tag 7 von 24 (Quarantäne, Betroffene in den Marken, Selbstschutz)
Leben im Sperrgebiet / Tag 8 von 24 (Existenzängste und Einbruch des Tourismus)
Leben im Sperrgebiet / Tag 9 von 24 (Wie funktioniert das jetzt eigentlich mit der Post?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 10 von 24 (Todesursachen und Symptome)
Leben im Sperrgebiet / Tag 11 von 24 (Ansteckungsrisiko und Dunkelziffer)
Leben im Sperrgebiet / Tag 12 von 24 (Zahlen des Zivilschutzes: Warum ist die genaue Benennung der Todeszahlen so wichtig?)
Vorsichtsmaßnahmen im Supermarkt